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Bös gefangen im Vrenelicode


Wer von seinen Eltern den Namen "Dick" erhält, weil sie so für Dick Cheney schwärmen, hat schon mal eine ziemliche Hypothek. Es ist nicht die einzige, die der junge Dick Meier mit sich rumschleppt: Im Reihenhäuschen seiner Eltern soll der Musterknabe zu einem Starjuristen heranwachsen und wird dafür von seiner Mutter bekocht und von dreckiger Wäsche befreit und von seinem Vater mit NZZ-Weisheiten belehrt. Um dieser Enge zu entkommen schmeisst er sein Studium, heuert bei einer Bank an und bezieht ein Loch im Zürcher Rotlichtmilieu. Was darauf folgt ist eine wahnwitzig-irre Berg- und Talfahrt. Er macht auf unerklärliche Weise Karriere bei der undurchsichtigen Bank, die bald von Amerikanern übernommen wird. Er sitzt Tage in einer Kammer ab, in der er in einer Geheimschrift ("Vreneli-Code") Kundengespräche protokollieren muss. Die Nächte verbringt er nicht selten im Wodka-Delirium auf einem Zahnarztstuhl, den sein Vormieter zurückgelassen hat. Und dann verwandelt er sich in Mobbing Dick der sich mit nächtlichen Anrufen an seiner Umwelt rächt und greift schliesslich auch zu rabiateren Methoden. Natürlich kann das nicht gutgehen...

Ich habe "Mobbing Dick" mit grossem Vergnügen gelesen - auch wenn manches vorhersehbar ist: Tom Zürcher schreibt in einer herrlich lakonischen Sprache, setzt Sprachbilder und Wortspiele sehr gekonnt ein und trägt so dick auf, dass ich manchmal den Eindruck hatte, hier habe sich jemand tatsächlich auch ein Stückchen Frust von der Seele geschrieben. "Mobbing Dick" ist mit den Themen Bankenwelt, gutbürgerliches Familienideal, ererbtes Geld ein sehr schweizerischer Roman und bedient damit auch vielgeliebte Klischees . Aber der Autor tut dies auf so unterhaltsame Art, dass er mit dieser aberwitzig-bösen Geschichte zu Recht auf der Longlist des Deutschen Buchpreises gelandet ist. Und schliesslich: Der Verlag Salis hat hier auch haptisch und optisch ein sehr schönes Buch aufgelegt.


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